
Ayurveda und Traditionelle Chinesische Medizin
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Was ist Ayurveda?
Ayurveda ist eine traditionelle indische Heilkunst, die über 5.000 Jahre alt ist. Der Begriff setzt sich aus den Sanskrit-Wörtern „Ayus“ (Leben) und „Veda“ (Wissen) zusammen, was so viel wie „Wissenschaft vom Leben“ bedeutet. Ayurveda basiert auf der Lehre der drei Doshas – Vata, Pitta und Kapha – die als bioenergetische Prinzipien den Körper und Geist beeinflussen. Ziel ist es, durch eine ausgewogene Lebensweise, Ernährung, Kräuterheilkunde, Massagen und Yoga das innere Gleichgewicht zu bewahren oder wiederherzustellen.
Vata (Energie, Nervensystem)
Im natürlichen Zustand sorgt Vata für die Aufrechterhaltung der Willensenergie, für Ein- und Ausatmung, Bewerbung, die Abgabe von Impulsen, das Gleichgewicht der Gewebe und die schärfe der Sinne. Ein Übermaß an Vata bewirkt Trockenheit, dunkle Verfärbungen, Verlangen nach Wärme, Zittern, Verstopfung, Kraftverlust, Schlaflosigkeit, Verlust der Sinnesschärfe und Müdigkeit. Menschen mit einer vorherrschenden Vata-Konstitution sind eher körperlich unterentwickelt, Der Brustkorb ist flach und die Sehnen und Venen sichtbar. Im Allgemeinen sind Vata-Menschen weder hochgewachsen noch klein. Mit einem feingliedrigem Körperbau mit vorstehenden Gelenken aufgrund der Schwach entwickelten Muskulatur. Seinen Sitz hat Vata im Dickdarm, den Hüften, Oberschenkel, Knochen und im Tastsinn. Sein Hauptort ist jedoch der Dickdarm, wo es sich ansammelt, Krankheiten verursacht und von wo es direkt aus dem Körper ausgeschieden werden kann.
Pitta (Verdauung, Stoffwechsel)
Im Normalzustand ist Pitta für Verdauung, Hitze. Sehvermögen, Hunger, Durst, Glanz der Haut, Intelligenz, Entschlossenheit und Weichheit des Körpers verantwortlich. Bei einem Übermaß an Pitta kommt es zu einer Gelbfärbung des Urins, Stuhls, der Augen und Haut. Es kann zu Sodbrennen führen und unabhängig davon Schlafstörungen bewirken. Menschen mit einer Pitta-Konstitution sind meist von mittlerer Statur, Gewicht, Knochenbau und Muskulatur. Der Brustkorb ist nicht so flach wie bei Vata-Menschen und die Venen und Muskelsehnen sind nicht besonders auffällig, welche bläulich oder bräunlich-rot sind. Die Knochen treten nicht so hervor wie bei Vata-Typen. Pitta hat seinen Sitz im Dünndarm, Magen, Schweiß, Hauttalg, Blut, Plasma und im Sehapparat. Hauptort von Pitta ist der Dünndarm, wo es sich ansammelt und von wo es wieder ausgeschieden werden kann.
Kapha (Immunität)
Im Normalzustand ist Kapha für die Festigkeit und Stabilität verantwortlich, sowie für die Aufrechterhaltung der Körperflüssigkeiten, der Gelenkschmiere, und auch für so positive Emotionen wie Friede, Liebe und Vergebung. Bei einem Übermaß an Kapha kommt es zum Verlust der Verdauungskraft, zur Ansammlung von Schleim, Erschöpfung, Kälte, erschwerte Atmung hin zu einem Gefühl der Schwere mit einem erhöhten Schlafbedürfnis. Kapha-Menschen verfügen meist über einen gut entwickelten Körperbau. Sie neigen jedoch auch schnell dazu überschüssiges Gewicht anzusetzen. Der Brustkorb ist breit und gedehnt, die Sehnen und Venen aufgrund der kräftigen Haut nicht ohne Weiteres sichtbar. Die Muskulatur ist gut entwickelt und die Knochen stehen nicht hervor. Kapha befindet sich in der Brust, im Hals, Kopf, der Bauchspeicheldrüse, den Rippen, dem Magen, im Plasma, dem Fettgewebe, der Nase und in der Zunge. Hauptsitz von Kapha ist der Magen. Dort kann es sich ansammeln und Krankheiten verursachen von dort kann es direkt aus dem Körper ausgeschieden werden.
Die drei Doshas in der Pflanzenwelt
Die drei Doshas kommen in der Pflanzenwelt genauso wie in der übrigen Natur vor. Kapha-Pflanzen sind durch üppiges Wachstum, reichliche Blatt- und Saftbildung gekennzeichnet. Sie sind dicht, schwer, fleischig, sukkulent und enthalten viel Wasser. Vata-Pflanzen haben wenig Blätter, raue, rissige Rinde, knorrige Verzweigungen, sind von dürrem Wuchs und enthalten wenig Saft. Pitta-Pflanzen weisen helle Farben und helle Blüten auf, sie sind von mittlerer Stärke und Saftbildung, wobei letzterer von giftiger oder brennender Wirkung sein kann. Böden, Klima- und geografische Zonen sowie Länder können ebenfalls nach Doshas eingeteilt werden. Dadurch können wir die Lebensformen verstehen, die von ihnen hervorgebracht werden und lernen uns diesen anzupassen. Wurzel und Rinde der Pflanzen (die das Erd- und Wasserelement darstellen) wirken bevorzugt bei Kapha-Zuständen. Die Blüten (als Feuerelement) haben besondere Wirkung auf Pitta, während Blätter und Früchte (als Luft- und Ätherelement) einen starken Bezug zu Vata haben.
Die Bedeutung der sechs Geschmacksrichtungen im Ayurveda
Ayurveda teilt die Nahrung in sechs grundlegende Geschmacksrichtungen (Rasas) ein, die jeweils eine spezifische Wirkung auf den Körper und Geist haben. Diese Geschmacksrichtungen beeinflussen die Doshas und tragen zur Harmonisierung bei. Aus ayurvedischer Sicht ist der Geschmack einer Heilpflanze nicht zufällig, sondern ein Hinweis auf Ihre Wirkungen. Verschiedene Geschmacksrichtungen besitzen verschiedene Wirkungen. Normalerweise wird der Geschmack nicht mit therapeutischen Eigenschaften in Verbindung gebracht. In der westlichen Pflanzenheilkunde wird der Geschmack einer Heilpflanze eher als Erkennungsmerkmal angesehen, anstatt als Mittel, um die Wirkungen der Pflanze zu verstehen. Es ist zwar im Allgemeinen bekannt, dass Kräuter von würzigem, durchdringendem Geschmack eher erhitzend und anregend sind, oder dass bittere Kräuter Fieber senken helfen, doch ist daraus keine Grundlage zur Einteilung der Heilpflanzen nach Ihrem Geschmack vorgegangen.
- Süß (Madhura): Dieser Geschmack ist nährend und stärkend, fördert das Wachstum aller Körpergewebe und Ojas und wirkt beruhigend auf die fünf Sinnesorgane und den Geist. Er gleicht Vata und Pitta aus, kann jedoch Kapha erhöhen. Bei übermäßigem Konsum kann es zu diversen Kapha-verursachten Krankheiten kommen wie Fettleibigkeit, Verdauungsschwäche, Schleimbildung, Schilddrüsenvergrößerung etc. Beispiele für süße Heilpflanzen: Sesamsamen, Dattel, Fenchel, Flachssamen, Süßholz, Beinhellwurzel.
- Sauer (Amla): Saurer Geschmack fördert die Verdauung, regt den Appetit an indem das Verdauungsfeuer entfacht wird. Es hat karminative Wirkung und wirkt befeuchtend. Er beruhigt Vata, kann aber Pitta und Kapha verstärken bei übermäßigem Gebrauch. Außerdem bekommt man davon empfindliche Zähne, Durst, Gänsehaut oder eine rege Ansammlung von Toxinen im Blut. Beispiel: Weißdornbeeren, Zitronen, Limonen, Hagebutte. Der saure Geschmack kann in den entsprechenden Pflanzen gesteigert werden durch Gärungszubereitung wie Kräuterweine oder alkoholische Tinkturen.
- Salzig (Lavana): Der salzige Geschmack fördert die Verdauung, entfacht das Verdauungsfeuer. Es wirkt beruhigend, abführend und die Flüssigkeitsaufnahme wird erheblich verbessert. Es lindert Vata, erweicht Ansammlungen und hebt alle anderen Geschmacksrichtungen auf. Es fördert den Speichelfluss, reinigt die Gefäße und verleiht der Nahrung einen wohligen Geschmack. Beispiele: Irisch Moos, Riementang, Steinsalz, Meeressalz.
- Scharf (Katu): Dieser Geschmack reinigt den Mund und entfacht das Verdauungsfeuer. Es reinigt die Nahrung, fördert den Kreislauf und hebt allgemein alle Körperfunktionen, während es alle Ansammlungen körperfremder Stoffe vermindert und Würmer etc. abtötet. Wird Scharfes im Übermaß konsumiert reduziert es die Manneskraft durch ihre Wirkung nach der Verdauung. Dies kann so weit gehen, dass es zu Verlust des Bewusstseins kommen kann, ein Gefühl von einem brennen im Hals, das starkes Zittern oder durchbohrende Schmerzen im ganzen Körper auslösen kann. Es reduziert Kapha und Vata, kann jedoch Pitta erhöhen. Beispiele: Cayenne Pfeffer, Zimt, Nelken, Koriander, Knoblauch, Ingwer, Chilli, Rosmarin, Salbei.
- Bitter (Tikta): Auch wenn Bitter für sich nicht gut schmeckt, stellt es den Geschmackssinn wieder her. Es hat eine entgiftende und kühlende Wirkung und regt die Leberfunktion an. Es strafft die Muskulatur und die Haut. Beispiele sind bittere Kräuter, Spinat, Kurkuma und Kaffee. Er beruhigt Pitta und Kapha, kann jedoch Vata verstärken. Wird es im Übermaß konsumiert bewirkt es aufgrund seiner natürlichen Eigenschaften von Trockenheit, Rauheit und Klarheit einen Schwund aller Gewebselemente des Körpers. Bitter bewirkt Rauheit der Gefäße, vermindert die Kraft, verursacht Abmagerung, Müdigkeit und andere Vata-Krankheiten. Beispiele: Aloe, Berberitze, Gemeiner Wermut, Enzian, Echinacea, Rhabarber etc.
- Herb (Kashaya): Wirkt zusammenziehend und beruhigend. Es hilft bei Durchfall und wirkt entzündungshemmend, was meist schnell in den Gelenken zu spüren ist. Zusammenziehendes fördert die Absorption von Körperflüssigkeiten Zu den herben Lebensmitteln gehören Granatapfel, Hülsenfrüchte und grüner Tee. Er reduziert Pitta und Kapha, kann jedoch Vata verstärken.
Was ist Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)?
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) hat ihren Ursprung in China und ist ebenfalls eine ganzheitliche Heilkunst mit einer Geschichte von über 3.000 Jahren. Sie basiert auf dem Konzept von Yin und Yang sowie der Lebensenergie „Qi“, die durch Meridiane im Körper fließt. Ein Gleichgewicht dieser Energien ist entscheidend für die Gesundheit. Zu den Methoden der TCM gehören Akupunktur, Kräutertherapie, Tuina-Massage, Qigong und die chinesische Ernährungslehre. Diese basiert auf den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser, die eng mit Organen, Geschmacksrichtungen und bestimmten Nahrungsmitteln verbunden sind. Diese Elemente beeinflussen das Gleichgewicht von Yin und Yang im Körper und helfen, die Lebensenergie Qi zu harmonisieren.
1. Holz (Leber, Gallenblase, sauer)
- Fördert Wachstum, Kreativität und Flexibilität
- Nahrungsmittel: Zitronen, Essig, Sauerkraut, grünes Blattgemüse
- Dysbalance: Reizbarkeit, Verdauungsprobleme
- Ausgleich: Milde saure Speisen in Maßen, Vermeidung von Stress
2. Feuer (Herz, Dünndarm, bitter)
- Steht für Leidenschaft, Wärme und geistige Klarheit.
- Nahrungsmittel: Grüner Tee, Kurkuma, Rucola, Kakao
- Dysbalance: Unruhe, Schlafprobleme, Bluthochdruck
- Ausgleich: Beruhigende, kühlende Speisen, Meditation
3. Erde (Milz, Magen, süß)
- Symbolisiert Stabilität, Verdauung und Nährstoffaufnahme
- Nahrungsmittel: Karotten, Kartoffeln, Reis, Datteln
- Dysbalance: Müdigkeit, Verdauungsstörungen
- Ausgleich: Warme, gekochte Speisen, regelmäßige Mahlzeiten
4. Metall (Lunge, Dickdarm, scharf)
- Steht für Klarheit, Struktur und Immunabwehr
- Nahrungsmittel: Ingwer, Zwiebeln, Rettich, scharfe Gewürze
- Dysbalance: Atemwegsprobleme, Hautprobleme
- Ausgleich: Scharf-warme Speisen in Maßen, Atemübungen
5. Wasser (Niere, Blase, salzig)
- Fördert Ruhe, Regeneration und Tiefgang
- Nahrungsmittel: Algen, Fisch, Hülsenfrüchte, Salz
- Dysbalance: Angst, Erschöpfung, Rückenschmerzen
- Ausgleich: Wärmende Speisen, ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Fazit
Ayurveda und TCM verfolgen trotz unterschiedlicher Herkunft ähnliche Ziele: Sie streben nach einem Gleichgewicht im Körper, um Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern. Während Ayurveda stark auf die Dosha-Typen und individuelle Konstitution setzt, fokussiert sich die TCM auf den Energiefluss des Qi und die Balance von Yin und Yang. Gemeinsam bieten beide Systeme eine präventive und ganzheitliche Herangehensweise, die durch gezielte Ernährung, Kräuterheilkunde und Lebensführung Dysbalancen ausgleicht. Die ayurvedische Lehre legt besonderen Wert auf die sechs Geschmacksrichtungen zur Harmonisierung der Doshas, während die TCM auf die fünf Elemente und ihre Wirkung auf Organe und Qi-Fluss eingeht. In Europa können diese Erkenntnisse durch bewusste Ernährungsweisen, Heilkräuter und Routinen in den Alltag integriert werden. Wer sich mit Ayurveda oder TCM beschäftigt, kann von einem individuell abgestimmten Lebensstil profitieren, der nicht nur Beschwerden vorbeugt, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden steigert. Beide Heilsysteme zeigen, dass die richtige Ernährung und ein harmonischer Lebensstil essenziell für die Gesundheit sind – ein Ansatz, der auch im Westen zunehmend Anerkennung findet.